Dolmetschen mit Google – KI als Hilfstool beim Konferenzdolmetschen

Computerassistiertes Übersetzen (CAT) ist schon lange ein fester Bestandteil professioneller Übersetzungsarbeit. Computerassistiertes Dolmetschen (CAI) wird dagegen wesentlich seltener eingesetzt. Ernstzunehmende CAI-Tools sind erst seit ein paar Jahren für professionelle Zwecke erhältlich.

Katja Jääskeläinen, Geschäftsführerin der ScanLang GmbH, beim Konferenzdolmetschen
Katja Jääskeläinen, Geschäftsführerin der ScanLang GmbH, beim Konferenzdolmetschen

In einer realen Dolmetschsituation, etwa beim Konferenzdolmetschen, ist die Zuschaltung eines Speech-to-Speech-Tools unmöglich, da eine computergenerierte Stimme den Verlauf der Dolmetschung sehr stören würde. Eine wesentliche Funktionalität eines CAI-Tools ist daher die Speech-to-Text-Eigenschaft, also die Spracherkennung des Gesagten und ihre Ausgabe in Schriftform. Ob und wie KonferenzdolmetscherInnen diese sinnvoll zur Erleichterung der Dolmetscharbeit einsetzen können, wurde nun im Rahmen einer Masterarbeit an der Universität Wien untersucht.

In dieser Untersuchung wurden die Dolmetschbeiträge im Rahmen einer Deutsch-Italienisch-Konferenzdolmetschung auf ihre Qualität hin analysiert. Die Qualität wurde durch 21 ausgewählte Qualitätskriterien bestimmt, u.a. durch die Richtigkeit der Termini, Selbstkorrekturen, Auslassungen und Kohärenz. Eine Versuchsgruppe bekam als Hilfsmittel das Spracherkennungstool „Google Voice Typing“ zur Seite gestellt, welches die gesprochenen Redebeiträge automatisch transkribierte. Die Kontrollgruppe dolmetschte dagegen ohne Softwaretools. Es zeigte sich, dass sich trotz gelegentlicher Transkriptionsfehler die Zuhilfenahme des CAI-Tools insgesamt positiv auf die Qualität der Dolmetschung auswirkte. Am ausgeprägtesten war die Qualitätssteigerung in den Analysekategorien Zahlen, Fehler und Kohärenz. In der Gesamtwertung dolmetschte die Versuchsgruppe die Ausgangsrede flüssiger, genauer und vollständiger als die Kontrollgruppe.

Was die vorliegende Untersuchung aber auch zeigte: um CAI-Hilfsmittel richtig einsetzen zu können, müssen die Dolmetschenden über Erfahrung in Dolmetschtechniken und den technischen Hilfsmitteln verfügen. So sind sie in der Lage, von den Vorteilen der Spracherkennungssoftware zu profitieren, ohne von ihren Ungenauigkeiten und Fehlern negativ beeinflusst zu werden. Als Fazit spricht die Studienautorin Beatrice Ricci eine klare Empfehlung für den Einsatz eines CAI-Tools beim Simultandolmetschen aus, vorausgesetzt, die automatisch generierte Textvorlage dient als Hilfsmittel und nicht als Grundlage der Dolmetschung und dass die Dolmetschenden wissen, wie sie dieses Hilfsmittel optimal bedienen können. Die Resultate sind daher sehr ähnlich wie in der Frage des Einsatzes von CAT-Tools und vom maschinellen Übersetzen.