Wir haben hier zusammengetragen, was in der Praxis für die Messung der Kundenzufriedenheit wissenswert ist.
Was Sie alles zur Messung der Kundenzufriedenheit wissen sollten
Reicht es, die Kundenzufriedenheit über eine Online-Bewertungsplattform zu erheben?
Die Nutzung von Bewertungsplattformen ist in einigen Branchen sehr verbreitet, vor allem in der Hotellerie und der Gastronomie geben die Kunden ihre Bewertungen über diese Online-Plattformen ab. Die Anbieter nutzen diese Plattform einerseits für die Optimierung ihrer Leistungen. Andererseits geht es ihnen vor allem darum, unter den bestbewerteten Anbietern aufzuscheinen. Die Platzierung an der obersten Stelle der Bewertung dient der Kundengewinnung.
Die Online-Kundenrezensionen auf den Bewertungsplattformen stellen für 52 % der Kunden einen Nutzen dar, 38 % stehen den Bewertungsplattformen neutral gegenüber und 10 % sind skeptisch. Quelle: Studie über Bewertungsplattformen im Internet von marketagent.com
Eine Bewertung abzugeben, für die der Kunde einige Minuten an Zeit investieren muss, erfordert vom Kunden eine gewisse Energie. Wenn das Kundenerlebnis entweder sehr positiv oder negativ ausgefallen ist, so ist diese Eigenmotivation zur Abgabe eines Feedbacks eher vorhanden. Bei nur leicht positiven Erlebnissen bzw. wenn einfach nur die Erwartungen zu 100 % erfüllt worden sind, werden zeitaufwändigere Bewertungen verhältnismäßig weniger oft und weniger ausführlich abgegeben. Diese Einschränkung der Aussagekraft gilt es zu beachten.
Durch ihre Öffentlichkeit haben die Bewertungsplattformen den Nachteil, dass Missstände nicht nur dem Anbieter bekannt werden, sondern gleichzeitig auch den Kunden ersichtlich sind. Einzelmeinungen von Kunden können damit tendenziell überbewertet werden. Der Anbieter reagiert jedenfalls spät auf vermeintliche oder tatsächliche Schwachpunkte.
Somit bietet eine Online-Bewertungsplattform die Chance, die bisherigen Maßnahmen zur Optimierung der Käufererfahrungen zu evaluieren. Ein vorgeschaltetes System zur laufenden Messung und Verbesserung der Kundenzustimmung ist aber notwendig. Ein Online-Bewertungstool, welches die Ergebnisse der Bewertung vorerst nur für die interne Optimierung der Kundenprozesse und nicht für die Veröffentlichung der Ergebnisse gedacht ist, kann vor der Einführung vorgeschaltet werden.
Sind geringe Beschwerdequoten ein Zeichen von hoher Kundenzufriedenheit?
Organisationen gehen bei niedrigen Beschwerdequoten fälschlicherweise davon aus, dass die Kunden zufrieden sind. Es besteht sogar ein großer Anreiz für Manager, Beschwerden zu unterdrücken. Denn eine Kundenbeschwerde wird vom Topmanagement häufig falsch interpretiert. Immerhin erzeugt eine Beschwerde auch Mehrarbeit und das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben. Somit geben Verkaufsgebietsleiter die Beschwerden ungern an ihre übergeordneten Verkaufsleitungen weiter. Aus Sicht der Geschäftsführung ist alles in Ordnung, immerhin gibt es kaum Beschwerden, die zu ihnen vordringen.
Ein gewisser Druck entsteht auch durch Rankings nach der Beschwerdequote, welche diejenigen Organisationen an die erste Stelle setzen, die eine geringe Quote aufweisen.
Die Motivation im Verkauf kann also sehr hoch sein, die tatsächliche Kundenunzufriedenheit zu verschleiern. Noch dazu beschweren sich die wenigsten unzufriedenen Kunden. Es kostet Zeit und Überwindung, eine Beschwerde abzusetzen.
Kunden, Patienten oder Bürgerinnen eskalieren die unbehandelte Beschwerde gelegentlich. Wer stark enttäuscht ist, wird sich ein Ventil suchen. Einige Kunden äußern sich in den sozialen Medien und suchen den Zuspruch. Für die Organisation ergibt sich dadurch ein Imageschaden, denn oft findet die Kritik eine hohe Resonanz.
Das Beschwerdemanagement soll es dem Kunden leicht machen, seine Beschwerde an das Management durchzulassen. Fühlt sich ein Kunde missachtet, dann wandert er bald ab. Denn die mit einer Beschwerde in Verbindung stehenden negativen Gefühle empfindet der Kunde viel stärker als die positiven Gefühle. Kundenunzufriedenheit führt viel häufiger zu Abwanderung als Kundenzufriedenheit zu Loyalität.
Kann ein Anbieter die Kundenzufriedenheit am Point of Experience bzw. am Ort der Serviceerfahrung überhaupt zuverlässig bestimmen? Immerhin hat ein Kunde zu diesem Zeitpunkt die Produkte oft noch gar nicht konsumiert oder ausprobiert. Selbst bei einer Dienstleistung ist auch am Ausgang des Servicepoints dem Kunden oft noch gar nicht klar, wie gut die Beratung war. Gerade ein Gespräch zu einem komplexen Thema stellt sich erst nach der Beratung als nützlich oder weniger nützlich heraus. Für den Kunden ist jedoch der unmittelbare Eindruck am Point of Experience immer bedeutsam. Ein Kunde bewertet während und nach seinem Aufenthalt die Art der zwischenmenschlichen Kommunikation mit dem Personal, die Wartezeit und Einfachheit seiner Kundentransaktion, die Inszenierung in den Geschäftsräumen und die Verfügbarkeit von Produkten. Er verlässt das Gebäude mit einem Gesamtgefühl und hat eine erste Einschätzung getroffen, ob er mit dem Besuch zufrieden oder unzufrieden war.
Wie Kundenzufriedenheit und Kundenbindung entsteht
Ein Kunde zieht die Erwartung heran, die er oder sie gegenüber einem Produkt oder einer Dienstleistung stellt. Bei Filialisten ist für den Kunden der wahrgenommene Prozessablauf wesentlich. Der Kunde erlebt beim Einkaufen oder bei seinem Besuch im Geschäft einen mehr oder weniger hohen Nutzen. Er vergleicht also seine Erwartungshaltung vor dem Besuch der Filiale mit dem erlebten Nutzen nach dem Besuch. Je höher der erlebte Nutzen die ursprüngliche Erwartung übersteigt, desto größer ist die positive Empfindung. Eine kurze Wartezeit, eine angenehme Atmosphäre oder die Freundlichkeit der Angestellten sollten seine Erwartungen zumindest erreichen und das soll bei jedem Besuch so sein.
Zufriedenheit ist also ein Resultat der nach dem Kauf wahrgenommenen Leistung des Anbieters, verglichen mit den Erwartungen vor dem Kauf.
Die Marketing-Leitung muss bei den Kunden die Erwartungshaltung vor dem Kauf in dem Maße fördern, in dem die Erfüllung auch langfristig für den Anbieter zu bewerkstelligen ist. Kundenbindung entsteht beispielsweise bei einem Kunden eines Einzelhändler dadurch, dass Abläufe die Aufenthaltsqualität des Kunden hoch halten – aber eben nur leicht über dem Niveau, das sich der Kunde erwartet hat.
Erfolgreiche Unternehmen sorgen dafür, dass die Kundenerwartungen in ihrer Branche steigen und erbringen erwartungsgerecht höhere Leistungen. Sie setzen sich dadurch von ihren Marktbegleitern ab, welche die erhöhten Erwartungen nicht erfüllen können oder wollen. Diese Unternehmen fördern eine ständige Veränderung der Kundenerwartung in Richtung der geplanten Leistungsverbesserung. Der Mitbewerb verliert Kunden, da er auf stabilisierte Erwartungen der Kunden baut.
Wie kann ein Unternehmen nun die Zufriedenstellung bzw. die Zufriedenheit der Kunden erhöhen und damit die Kundenbindung verstärken? Durch diese drei Arten erhöhen Unternehmen die Kundenbindung.
Der erste Weg reichert die Kundenbeziehung durch materielle Anerkennung an. Beispielsweise geben Anbieter ihren langjährigen Kunden Treuerabatte. Die zweite Methode ist im Bereich der sozialen Anerkennung des Kunden angesiedelt. Hier verwendet der Anbieter mehr Ressourcen, damit er dem Kunden einen individuelleren Dienst oder Service bieten kann. Die dritte Art der verstärkten Kundenbindung setzt bei den strukturellen Bindungen an. Dies kann beispielsweise durch den Ausbau von digitalen Kundenbindungsprogrammen erfolgen, wodurch Kunden ihre Bestellungen leichter durchführen können.
Quelle dieses Textes: Philip Kotler / Friedhelm Bliemel: Marketing-Management: Analyse, Planung, Umsetzung und Steuerung, 8. Auflage, Stuttgart.
Kundenzufriedenheit als Kundenerlebnis
Eine geeignete Messmethode zur Kundenzufriedenheit zielt idealerweise in erster Linie auf das Kundenerlebnis ab. Der Kundennutzen mit dem Produkt selbst und sogar die reine Dienstleistung greift meist nicht weit genug, wenn die Kundenzufriedenheit gemessen und schließlich verbessert werden soll. Der Kunde empfindet bereits beim Kauf des Produktes und nicht erst beim Verbrauch, er oder sie bewertet oft die produktbegleitenden Dienstleistungen sehr stark mit und erlebt eine Empfindung, die zu einem positiven oder negativen Kundenerlebnis wird. Die Kundenzufriedenheit ist somit weniger durch einzelne Faktoren bzw. Eigenschaften des Produktes oder der Dienstleistung selbst bestimmt, sondern sie entsteht vielmehr durch das Gefühl der Zustimmung oder der Ablehnung des Erlebten.
Kundenzufriedenheit messen
Ist der positive Nutzenüberschuss und somit diese klassische Definition von Kundenzufriedenheit überhaupt praktikabel zu messen? Ein Einzelhandelsunternehmen hat zumindest 4.000 Artikel, ein Großhandelsunternehmen erreicht schon einmal auch 100.000 verschiedene SKUs. Das Handelsunternehmen kann hier bestenfalls eine Umfrage zu großen Artikelgruppen machen, wie beispielsweise zur Kundenzufriedenheit mit dem angebotenen Obst. Sollen den Käufern von Obst also Fragebögen nach Hause geschickt werden, die Fragen zu dem Geschmackserlebnis beinhalten? Soll in einem Restaurant die Gästezufriedenheit auf den Geschmack des Essens und auf die Freundlichkeit des Servicepersonals hin fokussiert bzw. reduziert werden?
Aus Sicht eines Kunden oder Gastes ist die Kundenzufriedenheit ein Gesamterlebnis. Vor allem ist für den Kunden die Bewertung der Prozessqualität bei der Kundeninteraktion einer der wichtigsten Faktoren. Ein passenderes Konzept als das der Umfrage hinsichtlich des produktzentrierten Nutzens ist für einen Anbieter häufig das Modell des Net Promotor Scores (NPS-Ansatz des Beratungsunternehmens Baan). Im Wesentlichen unterscheidet es die Kunden in:
1.) Personen, welche ihren Freunden den Anbieter weiterempfehlen,
2.) Kunden, die über das Kundenerlebnis nichts erzählen und
3.) Kunden, die mit ihren Bezugsgruppen negativ oder sehr negativ über ihr Dienstleistungserlebnis bei dem Anbieter sprechen.
Warum Kunden dem Anbieter Feedback geben
Das für viele Anbieter von Dienstleistungen und Produkten erstaunliche Ergebnis einer 2017 durchgeführten Studie zu den Hauptgründen, warum Kunden Feedback abgeben: Nicht Menschen, die sich mit ihrer Bewertung Luft verschaffen wollen, sind die größte Gruppe. Die größte Gruppe (mit über 32 % Anteil) sind Kunden, die andere Kunden über ihr eigenes Kundenerlebnis informieren wollen. Sie werden in der Studie als Altruisten bezeichnet.
Hier die drei Hauptgruppen der Feedbackgeber:
Der Altruist
Die größte Gruppe möchte andere Konsumenten über ihre Wahrnehmung informieren
Der Optimierer
Die zweitgrößte Gruppe möchte dem Anbieter Feedback geben, damit dieser sich verändert bzw. sein Angebot beibehält
Der Emotionale
Die drittgrößte Gruppe möchte sich Luft verschaffen oder beim Anbieter bedanken.
Systematisches Kundenfeedback-Management kann die Veröffentlichung der Ergebnisse beinhalten
Da sich also die bedeutendste Gruppe von Feedbackgebern wünscht, dass die anderen Kunden von ihrer Bewertung erfahren, muss ein Bewertungssystem die Möglichkeit bieten, dass die Ergebnisse der Umfrage einfach kommuniziert werden können.

Die CX-Manager müssen im Einzelfall aber abwägen, ob sie diese Transparenz tatsächlich verwirklichen.
Quelle dieses Absatzes: In der repräsentativen Studie „Psychologie des Bewertens“ wurden im Auftrag von HolidayCheck im Jahr 2016 1.821 Internetnutzer in Deutschland zum Thema Online-Bewertungen befragt.
Ein Unternehmen der Zukunft dank Technologien, welche das Tempo beim Aufbau von Kundennähe erhöhen
Das Einkaufsverhalten der Kunden hat sich in den letzten fünf Jahren gewandelt. Die Erwartungen sind größer geworden und die Anforderungen komplexer. Neben den analogen Kontaktpunkten mit den Kunden (z.B. das Verkaufslokal) sind die digitalen Kanäle (wie Suchmaschinen) wesentlich bedeutender als früher. Die neuen Technologien müssen den Vertriebsprozess unterstützen und die Kundenbindung erhöhen. CRM- (Customer Relationship Management) Systeme, Soziale Medien und Feedbacksysteme dienen der Steigerung der Kundenloyalität. Die Verfügbarkeit und Realisierung ist nicht mehr nur den großen Organisationen möglich, sondern auch Kleinstunternehmen nutzen diese Technologien über Cloud-Lösungen.
In „The Firm of the Future“ beschreibt eines der weltweit bedeutendsten Beratungsunternehmen, Bain & Company, 2017 die enormen Veränderungen, welche die Wirtschaft in den kommenden zehn Jahren mehr verändern werden, als es in den vergangenen 50 Jahren der Fall war.
Einer der Hauptveränderungsfaktoren ist natürlich die Digitalisierung, welche die Bedeutung der Geschwindigkeit dramatisch erhöht hat. Das Paradigma der Vergangenheit war nach Bain & Company die Ausrichtung auf den Share Holder Value und auf Größenwachstum. Ein größeres Unternehmen ist bisher – oft ganz bewusst – den Weg des Wachstums („Scale“) auf Kosten einer geringeren Kundennähe („Intimacy“) gegangen. Erfolgreiche Unternehmen können aber mittels neuer Technologien diese beiden Gegenpole, also Größe und Kundennähe leichter verbinden. Umgekehrt müssen aber kleine Unternehmen den Wachstumspfad nicht mehr unbedingt beschreiten, sondern können z.B. über Cloud-Software Zugang zu Diensten erhalten, die bisher nur großen Unternehmen vorbehalten waren. Weiters wird die Kooperation zwischen Unternehmen wichtiger und die Größe eines Unternehmens wiederum weniger bedeutend. Unternehmen müssen daher neue Methoden und Tools anwenden, um Kundennähe und Schnelligkeit zu erreichen.

Unternehmen werden in Zukunft dadurch erfolgreich, dass sie schnelle Kundenfeedback-Zyklen anwenden: „In the new era, firms will need to adopt new measures and tools for delivering customer intimacy and speed. They will require robust customer feedback loops, such as the Net Promoter System®.“
Quelle: The Firm of the Future, von Bain & Company, 2017.
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